Bad Segeberg kultourt

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Eine Gemeinschaftsaktion der Kulturschaffenden und Veranstalter Bad Segebergs
Koordiniert von Kulturkontor und SZ Segeberger Zeitung.

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Di 4. September 17.30 und 20 Uhr
LINSE Filmkunst:
Die Wunderübung

Komödie
Regie: Michael Kreihsl
mit: Aglaia Szyszkowitz (Joana Dorek) · Devid Striesow (Valentin Dorek) · Erwin Steinhauer (Therapeut)
Österreich 2018, 90 Minuten

CinePlanet5, Oldesloer Straße 34

In der Probestunde eines Therapeuten liefert sich ein Ehepaar aus der Mittelschicht ein erbittertes verbales Gefecht. Die Inszenierung setzt bei der Theaterverfilmung auf Tempo, Witz und eine duellhafte Anordnung.

Langkritik:

„Darf ich Sie zu einer Übung einladen?“ Im Tonfall des Therapeuten, der sich mit seelsorgerischer Betulichkeit tarnt, liegt etwas versteckt Autoritäres, mitunter gar Passiv-Aggressives. Möglicherweise ist das an prominenter Stelle im Ordinationszimmer hängende Gemälde, eine Art Camouflage-Malerei in Blau- und Grüntönen, keine ganz zufällige Wahl.

Ein Therapeut und ein krisengebeuteltes Ehepaar sind die Protagonisten von „Die Wunderübung“, einem Dreipersonen-Kammerspiel, das unter der Leitung eines „Spielführers“ eine Duellkonstellation durchspielt. Inszeniert hat den Rede- und Streitmarathon der österreichische Regisseur Michael Kreihsl, der das Theaterstück von Daniel Glattauer im Jahr 2015 bereits in den Wiener Kammerspielen auf die Bühne brachte.

Die Historikerin Joana und der Luftfahrtingenieur Valentin Dorek haben sich vor 17 Jahren beim Tauchen kennengelernt und ineinander verliebt. Sie heirateten, bekamen zwei Kinder, hatten Affären und schraubten sich über Fragen fehlender Verantwortung, Vertrauen und Zuwendung in eine Spirale aus Gehässigkeiten und Vorwürfen hinein.

Es geht in „Die Wunderübung“ aber weniger um eine zeitspezifische Diagnose der arbeitenden Mittelschicht und ihrer Beziehungsprobleme als vielmehr um die reine Lust am temporeichen Pingpong. „Kompliment! In der Polemik sind sie wirklich ein eingespieltes Team. Sie haben eine lebendige Streitkultur auf hohem Niveau“, attestiert der Therapeut mit unverhohlenem Sarkasmus.

Man kann unterschiedlicher Meinung sein, wie witzig der verbale Schlagabtausch zwischen Frau und Herrn Dorek wirklich ist. Allerdings schießt sich der Dialog sehr schematisch auf ein bestimmtes Register bissiger Zickigkeit ein, das weder Raum für höhere Eskalationsstufen lässt, noch Platz hat für Zwischentöne und Nuancen, auch wenn es Devid Striesow durchaus gelingt, mit seinem differenzierten Spiel anderen Tonalitäten Raum zu geben. Ein wenig vorhersehbar entwickelt sich auch ein durch einen Telefonanruf ausgelöster Richtungswechsel innerhalb der Figurendynamik.

Aufgelockert wird das Dauergezanke durch verschiedene Übungen, zu denen der nur „Herr Magister“ genannte Therapeut das Paar jeweils „einlädt“. Der Psychologe nutzt die Meditationsübungen, um zwischendrin unbemerkt an seinem Joghurt zu naschen oder sich ein Bonbon aus der Schublade zu holen. Auch die Situationskomik des Films bewegt sich in einem klar umrissenen Spielfeld.

Die Bildgestaltung ist, für ein Kammerspiel weniger naheliegend, das aufregendste Element des Films. Die extrem präzise Kamera von Wolfgang Thaler strukturiert das Breitwandbild in meist frontalen Einstellungen, die die Distanz zwischen dem Paar unmittelbar ins Bild setzen. Und die stringente Anordnung von Schnitt/Gegenschnitt unterstreicht wiederum den Aspekt des Duells. In diesem glasklaren Rahmen treten die Schwächen des Dialogs aber umso unbarmherziger hervor.

Esther Buss, FILMDIENST

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